Bauen im Außenbereich - Fluch, oder Segen?

Nach ~11 Jahren in Köln & einer anschließenden, unglaublichen Europareise in unserem Van werden wir nun ein Haus bauen. Im Osnabrücker Land - meiner Heimat und unserem neuen Zuhause. Allerdings nicht in einem Neubaugebiet, oder inmitten einer bisherigen Siedlung, sondern auf dem Land. Im so genannten Außenbereich. Dies bedeutet konkret:

In den Außenbereich nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB) fallen alle Grundstücke, die weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen noch zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehören.
— https://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fenbereich

Mit einfachen Worten: Auf dem Land!

Die Planungen hierfür sind schon seit Ende 2022 bzw. Anfang 2023 im Gange. Also schon seit mindestens 1.5 Jahren. Nachdem die Planungen finalisiert und fixiert wurden, stellten wir dann im Februar den Bauantrag. Und erst nach sieben Monaten haben wir die Baugenehmigung erhalten. Woran das liegt, und ob Bauen im Außenbereich ein Fluch, oder Segen ist, das möchten wir euch hier verraten. Oder zumindest unsere Erfahrungen schildern. Solltet ihr ein ähnliches Bauvorhaben planen, könnten diese Infos ja möglicherweise nützlich sein.

Ein Ersatzneubau im Außenbereich ist gar nicht so idyllisch, wie man denken mag!

Eines vorweg: Hausbauen geht ohne das deutsche Baugesetzbuch (BauGB) nicht. In diesem Beitrag werden wir sicherlich das ein, oder andere Mal darauf Bezug nehmen.
Wir geben hier keine Rechtsbelehrungen o.Ä. ab, sondern schildern ausschließlich unsere Erfahrungen. In manchen Landkreisen soll das Recht auch gebeugt werden können, sodass örtliche Unterscheidungen möglich sind.
Alle hier gemachten Angaben sind daher ohne Gewähr.


Als wir in unserem Freundeskreis erzählt haben, dass wir Köln (schweren Herzens) wieder verlassen und in meiner alten Heimat (auf dem Land) ein Haus bauen wollen, hörten wir häufig Aussagen wie

  • Oh wie cool, dann könnt ihr euch dort ja richtig austoben

  • Im Außenbereich gehts ja schnell, da gibt es ja kaum rechtliche Vorgaben

  • Günstiger kann man ein Grundstück nicht kaufen”

Als Hausbau-Laien haben wir uns daraufhin natürlich erstmal sinngemäß mitgefreut, wenn die Aussichten offenbar doch so toll zu sein schienen. Über 1.5 Jahre später wissen wir nun, dass obige Aussagen definitiv nicht zutreffen - auf jeden Fall nicht im Landkreis Osnabrück im Jahr 2024. Um nicht mit der sprichwortlichen Tür ins Haus zu fallen, beginnen wir ganz zu Beginn.

Was man vor dem Hausbau im Außenbereich 2024 beachten muss

  1. Ganz neubauen darf man auf einem Grundstück im Außenbereich garnicht!
    Richtig gehört! Im Außenbereich gilt der so genannte „Bestandsschutz“. Das bedeutet, dass bereits existierende Flächen (meistens sind es so genannte landwirtschaftliche Nutzflächen, also Felder auf denen Getreide angebaut wird, oder Tiere grasen etc.) erhalten bleiben müssen. Es ist also grundsätzlich so, dass ihr nicht einfach ein Haus bauen dürft, nur weil die Fläche ja in der Theorie vorhanden wäre (zum Beispiel im Garten eurer Eltern)! Sondern: Ihr dürft nur dann ein Haus bauen, wenn es ein so genannter „Ersatzbau“ ist. Wie der Name schon sagt, muss dafür bereits ein Wohnhaus auf dem Grundstück vorhanden sein (vielleicht euer Elternhaus), welches so alt ist und deshalb erhebliche Mängel aufweist, dass es rational ist es abzureißen und in der Folge ein neues zu bauen. Sollten eure Eltern allerdings erst in den letzten 20 Jahren ein Haus gebaut haben, werdet ihr in der Regel keine nennenswerten Mängel finden, die einen Abriss rechtfertigen würden. Ein Haus hat nämlich eine Halbwertszeit von ~70 Jahren.

  2. Das Grundstück muss dir/euch gehören.
    Was so banal klingt, ist zwingend nötig und muss per Grundbuchauszug bestätigt werden. Diesen gibt es beim Grundbuchamt respektive beim Notar. Entweder hast du das Grundstück also bereits gekauft oder (im Falle einer Schenkung bzw. eines Erbes) es wurde schon auf dich übertragen. Zwar kann theoretisch jeder einen Bauantrag für ein Grundstück stellen, spätestens in den dann folgenden Schritten musst du allerdings nachweisen, dass das Grundstück wirklich dir gehört.

  3. Du musst mindestens zwei Jahre auf dem Grundstück gemeldet sein.
    Wenn du ein Haus auf einem Grundstück im Außenbereich bauen möchtest, musst du per erweiterter Meldebescheinigung nachweisen, dass du „seit längerer Zeit” (§35 BauGB) auf dem Grundstück gemeldet bist, oder warst. Üblicherweise wird hierunter zwei Jahre verstanden. Wenn es dein Elternhaus ist und du also bis zur Volljährigkeit dort gelebt hast, ist dies entsprechend kein Probem. Solltest du ein Grundstück gekauft haben, musst du allerdings zwei Jahre lang die Füße stillhalten, ehe du das Haus neu bauen darfst.

  4. Naturschutzgebiet, gefährdete Vögelarten oder Fledermäuse?
    Was wir nur aus den Nachrichten und damit von Großbauprojekten wie dem Berliner Flughafen kannten, sollte uns tatsächllich auch einholen: Gutachten, ob beim Abriss, oder Neubau die heimische Flora, oder Fauna gestört wird. Konkret mussten wir ein Gutachten einholen, ob sich in/um das noch existierende Gebäude Vögel, Fledermäuse oder andere Tiere eingenistet haben, die wir im Rahmen der Baumaßnahmen entsprechend beeinträchtigt hätten. Zum Glück war dies bei uns nicht der Fall. Dennoch: Auf der einen Seite, kostet solch ein Gutachten um die 2.500€ und auf der anderen Seite solltet ihr für die Erstellung des Gutachtens mindestens zwei volle Monate einplanen! Wertvolle Zeit also. Leider wurden wir über die zwingende Notwendigkeit dieses Gutachtens erst kurz vor vermeintlicher Genehmigung des Bauantrags informiert, sodass wir nochmal zwei Monate warten musste, ehe wir loslegen konnten.

  5. Telefonmasten, Stromleitungen et cetera. nicht einfach abreißen, trotz Glasfaser
    Bauherrinnen und Bauherren aufgepasst: Die Versorgung mit schnellem Internet, respektive der Anschluss an die neuen Glasfaserleitungen dauert schon in Wohngebieten sehr lange. Jahre streichen ins Land, ehe das eigene Grundstück versorgt ist. Im Außenbereich ist die Versorgung zu weiten Teilen noch deutlich schlechter und schreitet nur schleppend voran. Bei unserem Grundstück liegt seit über 50 Jahren eine einfache Telefonleitung. Darüber läuft auf dem Land häufig die „Versorgung” mit einem Telefon- und Internetsignal. Ganz genau 6MBit pro Sekunde kommen bei uns an. Zum Vergleich: Unsere Handys empfangen über das LTE-Netz mittlerweile bis zu 300MBit/s. Erfeulicherweise liegen seit kurzem die Leerrohre für die neuen Glasfaserleitungen bereits bis zum Grundstück. Diese machen die oberirdischen Telefonleitungen ja eigentlich überflüssig und ermöglichen bekanntlich 1.000MBit und mehr pro Sekunde.
    ABER: Der bisher genutzte Telefonmast auf unserem Grundstück steht genau dort, wo unser neues Haus gebaut werden soll. Und obwohl wir keinen laufenden Vertrag mehr haben, dürfen wir den Telefonmast nicht abreißen lassen, da unsere Nachbarin 200 Meter weiter sinngemäß auch über unseren Masten ihre 6MBit/s erhält. Den Masten versetzten zu lassen würde ca 4.000€ kosten. Und das obwohl die Glasfaserrohre ja bereits liegen und daher im nächsten Jahr (wenn das Haus dann hoffentlich fertig ist) genutzt werden. Beachtet also, ob so etwas auch bei euch zutrifft und kümmert euch frühzeitig darum, dass alle Verträge gekündigt sind. Eure und die eurer Nachbarn.

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