Norwegen - Teil II

Polarlichter in Norwegen

An einem wunderschönen Gletschersee angekommen, parkten wir James wie sonst auch. Allerdings merkten wir schnell, dass es hier oben „zieht wie Hechtsuppe“. Dies hatte zufolge, dass wir bereits nach dem Abendessen beschlossen, diesen Ausblick am nächsten Morgen nicht mehr zu genießen und uns in ruhigere Gefilde zu begeben. Etwa sieben Kilometer weiter stand bereits ein Camper, der etwa so groß war wie James und mit einem „Prima, hier ist es wohl nicht so windig.“ gingen wir nebenan ins Bett. Etwa drei Stunden später wackelte James, als wären wir Fußballprofis inmitten einer wild gewordenen Fangemeinde. Nils, der bis dato kein Auge zubekam und Nini, die schlaftrunken völlig verpeilt fragte, was los sei, beschlossen, das zweite Mal umzuziehen. Nur einen Augenblick, nachdem wir den Motor starteten, fiel Nils ein Schimmern am Himmel auf. Was ist das? Auf der stockdunklen Straße blickten wir in den funkelnden Sternenhimmel und BÄM – er leuchtete grün! Polarlichter!

Einschub Mitte Oktober: Auf den Lofoten erzählte uns ein Fotograf, dass genau an diesem Abend die Aurora Borealis (so wird das Phänomen der Polarlichter offiziell genannt) so stark war, wie sehr lange nicht mehr. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass wir diese so weit südlich des Polarkreises bewundern konnten (was normalerweise quasi unmöglich ist).

UNESCO-Welterbe Geirangerfjord

Nach einer kurzen, aber windstillen Nacht erstreckte sich wenig später vor uns der etwa 15km lange Geirangerfjord. Dieser gehört seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe und zieht daher vor allem in Sommer tausende Touristen und selbst Kreuzfahrtschiffe sowie Hurtigruten-Schiffe an. Was ihn so attraktiv macht? Die Kombination aus tiefblauem ca. 250m tiefen Wasser in der Mitte des Fjords und türkisem Wasser an den Ufern, über dessen steile Felswände zahlreiche Wasserfälle senkrecht abfallen. Das Highlight, die „sieben Schwestern“  bewunderten wir nach einer kurzen, knackigen Wanderung in Richtung der Homlongsætra, der wohl bekanntesten Alm dieser Region. Nachdem wir direkt Ufer des Geirangerfjords unter der heißen Dusche standen, waren wir wieder einmal unfassbar glücklich darüber, uns James angeschafft zu haben!

Zur Info: Der Wasserhahn im Waschbecken unseres Bads lässt sich als Dusche ausziehen, ein Duschvorhang ist ebenfalls umhüllend vorhanden. Da wir zudem ein Badfenster haben, konstruierten wir uns mit einem Saugnapf (der eigentlich zur Befestigung des heimischen Duschkopfs für die Höhe von Kindern dient) an der Außenwand von James. Damit haben wir nicht nur mehr Platz zum Duschen als im Bad selbst, sondern auch weniger Abwasser in unserem Tank und genießen zudem die Natur wortwörtlich hautnah.

Die Heimat der Trolle

Auf der sich durch raue Steinlandschaften schlängelnden Straße, die von einem gelbgold-schimmernde Teppich aus Moosen, Flechten und Sträuchern gesäumt war, kamen wir aus dem Staunen kaum heraus. Die Anmut dieser Bergriesen in Kombination mit diesem Farbenspiel war einfach überwältigend.

Trollstigen

Der wohl bekannteste und auch architektonisch beeindruckendste Abschnitt dieser Straße folgte jedoch mit dem Trollstigen (zu deutsch: Trollleiter). Die schmale Straße führt die aufgeregten Autofahrer über elf, sich dramatisch windende Haarnadelkurven ins Tal. Als wäre das nicht bereits Erlebnis genug, wurde oberhalb des Trollstigens ein quasi über der Straße schwebender Stahlsteg installiert, von welchem die Zuschauer das Spektakel der sich aneinander vorbei quetschenden Autos belächeln können.

Hast du uns schon entdeckt? :)

Die Landschaft hinter uns war ebenso beeindruckend!

Auch wir amüsierten uns zuerst über die schleichenden Autofahrer, später – mit einer schwitzenden Beifahrerin - nahmen Nils und James bravourös jede Kurve.

Trolle sind Teil der norwegischen Kultur geworden

Die einst aus Sagen entsprungenen mystischen und als bösartig geltenden Trolle sind heute fester Bestandteil der norwegischen Kultur (und inzwischen natürlich gezähmt). Daher findet man im ganzen Land nicht nur kleine und große Souvenirtrolle, sondern auch ein troll in jeglichen Bezeichnungen von Bergen (Trolltinden, Trollveggen, Trolltunga), Städten (Trollhättan, Trolltunet) und Straßen (Trollstigen). Selbst eine eigene „Kirche“ wurden diesen übernatürlichen Geschöpfen gewidmet. Diese ersuchten wir bei unserer bis dato einzigen, bei Regen stattfinden, Wanderung.

Die Trollkirche - Trollkirka

Zuerst führte uns der Weg durch diesen Märchenwald. Anschließend ging es relativ steil bergauf, wobei die rutschigen Steine herausfordernd waren und uns in (eigentlich trockenen) Flussbetten teilweise kleine Bäche über die Schuhe flossen. Nach etwas mehr als einer Stunde standen wir mit unseren Taschenlampen am Eingang einer Grotte. Der helle Marmor glänzte beim Schein unserer Taschenlampen und das Rauschen des Bachs, der direkt darunter aus der Grotte floss, war der Vorbote eines großartigen Erlebnisses, welches wir – mit ordentlich Respekt im Gepäck – begannen. Vorsichtig suchten wir unseren Weg durch die kalte, dunkle und nasse Umgebung, die uns ehrfürchtig umschloss. Langsam, aber stetig wandelt sich das Rauschen allmählich zu einem Tosen. Dann sahen wir es – Licht. Kein kleines Loch, durch welches sich das Tageslicht zwängt, sondern eine riesige Öffnung, durch die das Licht einen „Raum“ mit einem Boden aus kreuz und quer liegenden hellen Marmorbrocken eröffnet. Als wäre das nicht schon beeindruckend genug, stürzen lichtdurchflutete Wassermassen aus dieser Höhlenöffnung vierzehn Meter in die Tiefe und ergießen sich mit Wucht in einen kleinen See. Magisch.

Langzeitbelichtung in der Trollkirche

Diese oberhalb gelegene Höhle ist nicht weniger beeindruckend als die Grotte im Inneren.

Nils erkundet einen kleinen Tunnel auf allen Vieren - mit der Kamera in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand.

Eine Straße aus Brücken

Nicht ohne Grund gilt die Atlantikstraße als „Bauwerk des Jahrhunderts“: Über etwas mehr als 8km erstreckt sich dieser einzigartige Ingenieursleistung über acht Brücken. Kein Wunder, dass der Regisseur des aktuellen James Bond “Keine Zeit zu sterben”, genau diese Straße für den Beginn einer Verfolgungsjagd auswählte.

Eine einzige Straße über zahlreiche große und kleine Inseln und Halbinseln

Zum perfekten Zeitpunkt am richtigen Ort - Sonnenaufgang an der Atlantikstraße

Farbenfrohes Norwegen

Nach einem kurzen Abstecher nach Trondheim genossen wir die pure Natur. Kurz hinter der drittgrößten norwegischen Stadt begann die atemberaubend schöne Landschaft in bunten Herbstfarben zu strahlen. Auf mehreren Kilometern drängen sich die Wassermassen des Flusses Vefsna über die Felsen, erzeugen Strudel und stürzen mächtig und breit über zahlreichen Wasserfälle.

Die unsichtbare Linie bei 66° 33′ - der Polarkreis

Die Erde dreht sich in einer geneigten Achse zur Sonne. Hierdurch ist der Nordpol im Sommer der Sonne zugewandt. Darum geht die Sonne über dem Polarkreis mehrere Wochen lang nicht unter. Die Grenze, bis zu der sich dieses Naturphänomen (bekannt als Mitternachtssonne) abspielt, sind die Polarkreise auf der Nord- und Südhalbkugel. Im Winter (Oktober-Februar) steigt die Sonne aufgrund der Neigung der Erdachse teilweise nur kurz oder sogar überhaupt nicht mehr über den Horizont. Ungläubig darüber, wirklich hier zu sein freuten wir uns Mitte September besonders auf die Nacht - denn die verspricht nördlich des Polarkreises und zu dieser Zeit vor allem eins: Polarlichter!

Nils mittendrin: Ein Bein nördlich, eins südlich des Polarkreises

Der goldene Herbst hat auch nördlich des Polarkreises Einzug gehalten und uns jeden Tag aufs Neue umgehauen. In der Planung unserer Reiseroute strebten wir an, die etwa 700km von Trondheim bis Bodø etwas zügiger zu überwinden. Denn wir hatten ja bei hoffentlich mildem und sonnigem Wetter noch etwas vor:

Eine Schifffahrt, die ist lustig…

… und bringt uns Ende September an unser nördlichstes Ziel: die Lofoten. Welch atemberaubende Landschaften sich uns dort eröffneten und ob wir wirklich die erhofften, kräftig grün leuchtenden Polarlichter bestaunen durften, lest ihr im Bericht Lofoten.

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